Auf der Brücke
Auf dem Wasser zarte Schleier,
und vom Morgenrot ein Hauch.
Lautlos fliegt der erste Reiher.
Er ist müde, und ich auch.
Feld und Wiesen sind im Traume,
Strom und Bäche ziehen still.
Flüsternd weht vom Waldessaume,
Morgenwind, noch ohne Ziel.
Neuer Tag ist g’rad am Kommen,
und die Nacht will eben geh’n,
Träume sind davon geschwommen,
werd’ sie wohl nicht wiederseh’n.
Und mit ihnen flieht am Morgen
Heimlichkeit der letzten Nacht,
lässt sich nicht mehr länger borgen,
wenn die Wirklichkeit erwacht.
Oh Schreck, der Winter
„Sag’, hörst du nicht? Es klopft an’s Tor!“
„Mach’ nur nicht auf! Es steht davor,
in rauem Kleid der Winter.
Der packt dich gleich und nimmt dich mit,
auf seinem langen, kalten Ritt,
und hat am liebsten Kinder.“
„Flugs haucht er dir dein Herz zu Eis,
färbt Haut und Haar in kaltem Weiß.
Bedeckt mit Schneekristallen
das ganze Land und bringt dich fort
aus dieser Welt, an einen Ort,
wo keine Glocken hallen.“
D’rum halte Tür und Fenster zu,
wart’ ab, dass er sich legt zur Ruh‘,
bevor du gehst spazieren.
Wir hoffen auf der Sonne Glanz
und wollen nicht im Flockentanz,
die Nasen uns erfrieren.
Zur Ruhe
In Spinnennetzen feuchter Wiesen
fängt perlengleich sich Morgentau,
und bis die Knospen wieder sprießen,
schläft Igelmann und Igelfrau.
Mit frischem Korne reich gesegnet
ist auch der Hamster dieses Jahr.
Ihn stört es nicht, wenn’s draußen regnet,
weil er im Herbst so fleißig war.
Wir hören noch vereinzelt Lieder,
verstummt ist längst der bunte Chor.
Doch blüht im nächsten Jahr der Flieder,
holt ihn die Sonne flink hervor.
In der Natur ist Zeit für Liebe,
so mancher sucht sich eine Braut.
Wenn blühen heiß im Wind die Triebe,
klingt’s Echo durch die Wälder laut.
Bald geht das Jahr im Schnee zur Neige,
den Winter bringt’s mit kalter Macht.
Im Hoffen, dass ein Stern sich zeige,
kommt über’s Land die heil’ge Nacht.
Winternacht
Durch die Stadt bin ich gegangen,
still und dunkel lag der Weg,
hat zu schneien angefangen
und bedeckte Pfad und Steg.
Wollt' den Augenblick genießen
darum führten mich geschwind
meine Schritte zu den Wiesen,
die noch vor den Toren sind.
War ein Flimmern, war ein Funkeln
in der kalten Winternacht,
Diamanten gleich, im Dunkeln,
lag vor mir die weiße Pracht.
War fast so, als würde singen
mit dem Schnee die Königin,
und als wollte sie mir bringen
neue Worte, neuen Sinn.
Staunend stand ich, eingefangen,
einen kurzen Augenblick
und bin traurig heimgegangen,
denn er kam nicht mehr zurück.